Erfahrungen mit MyCommerce, Digital River und Cleverbridge
Und warum Sie niemals auf nur einen eCommerce Anbieter setzen sollten!
Nicht jeder, der im Internet seine Software verkauft, macht sich die Mühe, eine eigene Lösung auf die Beine zu stellen. Dafür gibt es unzählige Anbieter, von denen jeder seine Vor- und Nachteile hat. Und es gibt Betrüger, die Ihnen einfach Ihr Geld nicht mehr auszahlen, wie BlueSnap. Oder deutsche Unternehmen wie Cleverbridge, die ihre Kunden ghosten. Oder Share-It!, dass Ihr (ja Ihr!) Geld einfach verschenkt. Lesen Sie unsere über 20jährige Erfahrungen mit diversen Anbietern aus der ganzen Welt.
Share-It! (a service of Element 5)
Als wir 2001 begannen unsere Software im Internet zu verkaufen, starteten wir mit Share-It! (a service of Element 5). Der erste Kontakt wurde damals noch telefonisch hergestellt und mit einem Gesellschafter der Element 5 GmbH die Konditionen individuell ausgehandelt. Die Partnerschaft war für beide Seiten äußerst lukrativ, was sich auch durch diverse Geschenke seitens Element 5 zeigte. Noch heute benutze ich gerne deren Trolly für mein MacBook auf Kurzreisen. Wir hatten sogar einen telefonischen Ansprechpartner bei buchhalterischen Rückfragen. Heute undenkbar.
Wie es aber häufig bei erfolgreichen Unternehmen passiert, wird zuerst am Kundenservice gespart. Und dabei meine ich nicht den Service gegenüber dem Endabnehmer, sondern gegenüber den Softwareentwicklern, die Share-It! das Geld zuschaufeln. Manchmal frage ich mich, wer auf solche Ideen kommt... Zuerst war der Ansprechpartner bei buchhalterischen Rückfragen weg, dann wurde der Support bei Rückbuchungen unterirdisch. Normalerweise bekam man eine EMail, wenn ein Kunde sein Geld zurück haben wollte und konnte dann innerhalb 48 Stunden diesem zustimmen oder ablehnen. Diese Zeit haben wir meist dazu benutzt, bei dem Kunden nachzufragen was denn los sei bzw. was seinen Beweggründe sind. Oft waren Kunden verunsichert weil deren Antivirensoftware eine Bedrohung meldete und diese befürchteten, sich etwas "böses" eingefangen zu haben. Nicht wenige Kunden konnten wir dann überzeugen, die Rückbuchungsanfrage zurück zu nehmen. Das hat auch viele Jahre funktioniert.
Nun hatte Share-It! offensichtlich diese Praktik insofern geändert, dass deren Hotline Mitarbeiter bei Rückbuchungsanfrage sofort dem Kunden das Geld zurück überwiesen haben. Und davon haben diese Mitarbeiter massiv Gebrauch gemacht: Kunde mit einer 20er Lizenz ruft dort an und meldet den Falschalarm der Antivirensoftware. Und der Share-It!-Mitarbeiter bucht gerade mal so 1000 Euro an den Kunden zurück. Und für uns gibt keine Möglichkeit dagegen etwas zu tun. Das einige Kunden unsere Software dann weiter betrieben haben, machte Share-It! auf unsere Beschwerden hin nix aus. War ja nicht deren Geld und Software. Die Verkaufsgebühren blieben ja bei Share-It!
Diese Praktiken habe ich in einem Shareware-Forum anderen Entwicklern geschildert, was u.a. auch der (mittlerweile ehemalige) Gesellschafter der Element 5 GmbH dort las und mit mir Kontakt aufnahm. Er würde aus mehreren Gründen nicht mehr für die Element 5 GmbH arbeiten und baue gerade ein neues Unternehmen für ECommerce und Zahlungsabwicklungen - ählich Share-It! - auf. Ob wir denn nicht dort mitmachen wollten? Außerdem kannte er ja auch unsere Umsatzzahlen von Share-It!...
Cleverbridge - erst hui, dann pfui!
Im Sommer 2011 - nach 10 Jahren Share-It! - wechselten wir also zu Cleverbridge. Der Kontakt war anfangs auch hervorragend: Wir hatten eine telefonische Ansprechpartnerin und wenn es mal einen Frage zu deren Client oder Anpassungen zum Checkout Design geben sollte, wurde das prompt umgesetzt. OK, Cleverbridge war von den Gebühren etwas teurer als Share-It, aber ein guter Service kostet auch was. Und der .Net-Client war schon was Feines gegenüber der Oldschool-Weboberfläche von Share-It!
Also arbeiteten wir jahrelang erfolgreich mit Cleverbridge zusammen und beide Seiten verdienten prächtig an unserer Software.
Im Herbst 2018 teilte uns das "cleverbridge Client Experience Team" mit, dass man uns in Zukunft keine Bestellbestätigungen per EMail mehr zusenden könne, da man diese nur noch an "...trusted servers, authenticating themselves with a valid certificate." versenden würde. Tja, da haben Sie ein Problem, wenn Sie z.B. bei 1und1/Ionos Ihre EMails abrufen oder versenden. Der 1und1-Mailserver ist mx.kundenserver.de. Und Cleverbridge hätte gerne sowas wie mail.protectom.de mit einem eigenen Zertifikat. Naja, Wünsche darf man ja haben. Interessant war auch, dass die Kommunikation seitens Cleverbridge in englisch durchgeführt wurde, obwohl diese in Köln ansässig sind und der Mitarbeiter für diese technische Angelegenheit offensichtlich Deutscher war. Es dauerte etwas, bis dieser dann mit uns in deutsch kommunizierte. Auf unsere weiteren Nachfragen gab es keine Antworten mehr.
Einige Monate später kam dann aus heiterem Himmel eine weitere EMail von Cleverbridge, in der man uns aufforderte, eine Software mit einer bestimmten Produktnummer zu entfernen. Nur hatten wir keine Software mit dieser bemängelten Produktnummer. Das haben wir der netten Dame von diesem ominösen "cleverbridge Client Experience Team" auch umgehend mitgeteilt, aber - Sie ahnen es schon - leider nie wieder was von der gehört. Es wurde uns einfach nicht mehr geantwortet.
Auch der Kundenservice wurde eigenartig: da wurde einfach mal so einem Kunden das Geld zurück gegeben, obwohl dieser gar keine Rückbuchungsanfrage gestellt hatte. Immerhin gab es eine Entschuldigung, aber unser Geld und unsere Software war weg. Weitere Eigenartigkeiten - und davon gab es noch einige - sparen wir uns.
Aber es wurde etwas offensichtlich: Cleverbridge wurde unberechenbar, willkürlich und offensichtlich auch nicht gewillt weiter zu antworten, wenn etwas im Argen lag. Keine gute Basis für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit!
Cleverbridge ignoriert weiterhin Kundenanfragen
Mittlerweile war es 2020 und wir waren immer noch bei Cleverbridge - hatten aber bereits unseren Backup-Anbieter parat. Wir mussten Cleverbridge eine Änderung an unserem Firmennamen und Kontoverbindung mitteilen, was das bereits mehr als angespannte Verhältnis mit Cleverbridge nun eskalieren lies. Unsere Bitte, Firmennamen und Kontoverbindung zu ändern wurde - wen wundert's - einfach ignoriert. Erst bei der 5ten Anfrage mit Androhung einen Rechtsanwaltes antwortetet uns jemand von dem "cleverbridge Client Success Management" (Haha!) mit der Bitte, wir sollten diesbezüglich ein paar PDF Dateien ausfüllen und zurück schicken. Gesagt, getan und wieder nix mehr von Cleverbridge gehört. Nochmals mehrmals angefragt, Entschuldigung erhalten, PDFs wieder hingeschickt und: nix. Niemand hat bis heute unseren Firmenname oder Kontoverbindung geändert. Niemand von Cleverbridge antwortet dem Kunden! Man duckt sich weg, und lässt den Kunden einfach so im Regen stehen. Das ist so unprofessionell wie arrogant.
Interessant ist, das unser Account bei Cleverbridge 2025 immer noch besteht. Auch versorgt man uns weiterhin mit Nachrichten und Änderungen bei Cleverbridge. Nur ghostet man uns immer noch bei Anfragen.
Das löschen unserer Produkte hat sich auch als nicht so einfach herausgestellt: Es befinden sich dort immer noch zwei Produkte die sich hartnäckig weigern, entfernt zu werden, da irgendwelche Abhängigkeiten vorliegen würden. Wir haben deshalb den Support angeschrieben. Aber lassen wir das... Nebenbei haben wir festgestellt, dass alle unsere Affiliates im Cleverbridge Control Center gelöscht wurden. Wer das gemacht hat und warum das passiert ist, werden wir wohl nie erfahren.
Update: am 30.01.2025 kam von Cleverbridge eine EMail mit dem Betreff "Digital River News" an alle dort hinterlegten EMail-Adressen von uns. Cleverbridge buhlt darin um Kunden von Digital River GmbH die nun offiziell insolvent sind (siehe unten). Man will sogar 500 Euro Prämie für jeden vermittelten Kunden auszahlen. Noch nicht mal für 10.000 Euro würden wir jemanden dorthin vermitteln - außer, wir mögen diesen nicht.
Betrug bei BlueSnap
2008 haben wir auf dem amerikanischen Markt die Zahlungen über Plimus durchführen lassen. Das hat zuverlässig funktioniert und wir haben unsere Auszahlungen regelmäßig erhalten. Dann kam eine EMail, dass Plimus von einer Firma "BlueSnap" übernommen wurde. Ansonsten hätte sich nichts geändert... Bis wir feststellen mussten, dass wir unser Guthaben (über $10 000) nicht ausgezahlt bekommen. BlueSnap würde das zu Absicherung von Chargebacks und Refunds als "Sicherheit" behalten. Außerdem müssten wir neben den Gebühren pro Verkauf nun auch eine monatliche Gebühr für die Nutzung der Plattform zahlen. Da die Betreiber von Bluesnap aber nicht in der EU ansässig sind (Israel), war das Geld weg. Scam at it's best. Aber damit sind wir nicht alleine: Trustpilot: 1 Sterne Bewertungen: 58 % (insgesamt 2,1 = Mangelhaft)
MyCommerce / Digital River
Umgehend nach der Weigerung von Cleverbridge unseren Firmenname und Kontoverbindung zu ändern, schalteten wir April 2022 den Backup Anbieter scharf und sind wieder zu Share-It!, was aber heute "MyCommerce bzw. Digital River" heißt - aber immer noch in Köln ansässig ist (deutsche Firma = Vertrauen, oder?). Da wir (fast) keine Rückbuchungen haben, gab es auch keine Diskussionen mehr mit dem Kundenservice. Alles läuft zuverlässig - hoffen wir, dass es so bleibt.
Update: 2024 teilt MyCommerce mit, dass nun die Auszahlungen nicht 14 Tage nach dem Monat erfolgen, sondern erst nach 60 Tagen. Das bedeutet nun, dass wir im Oktober 2024 noch nicht unser Guthaben vom Juli (!) erhalten haben. Weltweit stehen jetzt tausende Softwareentwickler vor der Pleite, weil nicht jeder diese Ausfälle kompensieren kann. Nebenbei hat MyCommerce auch mitgeteilt, dass ab dem 16. Oktober 2024 eine monatliche Gebühr von $100 (neben den Gebühren) anfällt und eine Stunde Support mit $185 berechnet wird. Die MyCommerce Webseite ist jetzt auch nicht mehr aufrufbar. Nur eine Subdomain ist aktiv: damit kann der Entwickler seine Produkte pflegen und den Shop am Leben erhalten. Ohne zu wissen, ob er die Umsätze jemals ausgezahlt bekommt. Im Impressum der deutschen MyCommerce Webseite (über Digital River) steht jetzt eine amerikanische Anwaltskanzlei.
Hier ein paar Links zu Seiten, auf denen die MyCommerce-Kunden Ihre Erfahrungen damit schildern. Nicht wenige Programmierer befürchten, ihr Geld nie wieder zu erhalten. Trustpilot: 1 Sterne Bewertungen: 88 % (insgesamt 1,2 = Bad)
https://www.golem.de/news/e-commerce-digital-river-zahlt-kunden-seit-monaten-nicht-aus-2410-189897.htmlhttps://www.kvraudio.com/forum/viewtopic.php?t=612462&start=75
https://www.theregister.com/2024/10/15/digital_river_runs_dry_hasnt/
https://www.delphipraxis.net/215761-shareit-digitalriver.html
https://www.thelayoff.com/digital-river
Update: am 27.01.2025 kam von "MyCommerce - a service of Digital River" endlich die erlösende EMail: "Da sich die Krise in jüngster Zeit verschärft hat, mussten Digital River GmbH und Digital River Holding GmbH heute leider Insolvenz anmelden. Darüber hinaus haben wir auch die Dienstleistungen für unsere Kunden vorerst eingestellt." Damit ist diesen Kapitel nun auch abgeschlossen. Uns hat das Ganze Stunden Arbeit gekostet und einiges an Verlust gebracht.
Fazit: nach über 20 Jahren Erfahrung mit diversen ECommerce Anbietern können wir Ihnen nur nahelegen: setzen Sie NIEMALS nur auf einen Anbieter! Diese können Sie von heute auf morgen (mit oder ohne Begründung) einfach so auf die Straße setzen und Sie stehen ohne Zahlungsdienstleister da. Der Machtmissbrauch ist unglaublich. Und im schlimmsten Falle verlieren Sie Ihr komplettes Geld wie bei den Betrügern von BlueSnap. Oder Sie werden ignoriert, wie es Cleverbridge macht.
Am besten setzen Sie auf eine eigene Lösung (he, Sie sind Softwareentwickler) oder halten Sie sich einen zweiten Anbieter parat. Es tummeln sich mittlerweile so viele Betrüger und Scammer im Internet rum, die nur warten Sie über den Tisch zu ziehen. Und es werden täglich mehr.
Falls Sie einen Zahlungsanbieter suchen, machen Sie einfach vorab folgendes: werfen Sie einen Blick ins Impressum und suchen Sie eine Telefonnummer. Dann wissen Sie, was Sie als Kunde, der demjenigen das Geld bringt, wert sind.